Liebe, Zweierbeziehung, Paarbeziehung?
Tippa Institut
Bob schreibt

Liebe, Zweierbeziehung, Paarbeziehung?

Ja gerne, aber bitte wie im Film; oder doch nicht?

Der Drachentöter und die Prinzessin

„Und da wurde die Hochzeit des Königssohns mit der Prinzessin in aller Pracht gefeiert, und sie lebten vergnügt [bzw. in Liebe in einer Paarbeziehung] bis an ihr Ende“. Ein Satz, der in vielen Variationen am Ende von zahlreichen Märchen auftaucht.

Doch was wäre, wenn der strahlende Prinz, der zuvor den Drachen erschlagen und die Prinzessin gerettet hat (alles Eigenschaften, die ihn liebenswert machen), am nächsten Morgen, nachdem er und die Prinzessin eine Ehe bzw. eine Zweierbeziehung eingegangen sind, die Zahnpasta Tube völlig derangiert an der Waschstelle bzw. dem Waschbecken hinterlässt? Zu Anfang mag das der, in diesem Fall, sehr ordentlichen Prinzessin nur missfallen. Später aber bringt sie dergleichen vielleicht zur Weißglut. Der Prinz kann dann nicht den nächsten Drachen erschlagen gehen, um damit dann wieder die Wogen bei seiner Prinzessin zu glätten. Und wenn er das könnte, wären irgendwann keine Drachen mehr da.  Oder der Prinz stellt fest, dass die Prinzessin zwar von unbeschreiblicher Schönheit ist (auch eine Eigenschaft, die sie liebenswert macht), man mit ihr jedoch nicht ein einziges vernünftiges Wort wechseln kann. Außer es bezieht sich auf ihr  attraktives Äußeres.

Bei den beiden Beispielen handelt es sich natürlich um extreme Beispiele. Jedoch soll durch diese gedanklich angestoßen werden, dass Zweierbeziehungen bzw. eine Paarbeziehung oder Ehe mehr enthalten bzw. erfordern, als einem in Märchen oder Filmen weisgemacht wird. Dort sind es oft  durch das Schicksal oder Dritte zusammengeführte zwei Personen, welche sich im besten Fall dann noch durch liebenswerte Eigenschaften auszeichnen, die eine Zweierbeziehung eingehen.

Man muss etwas dafür tun, um vergnügt bis an sein Lebensende mit dem Partner oder Partnerin in einer Paarbeziehung zu leben.

Den oder die Richtige finden

Es ist sehr diffizil, den geeigneten Partner bzw. die geeignete Partnerin zu finden und mit ihr oder ihm in einer langandauernden, „glücklichen“ und erfüllenden Zweierbeziehung bzw. Ehe zu leben. Es ist eben nicht wie im Märchen oder wie in vielen Filmen, dass sich zwei Menschen begegnen, eine Partnerschaft miteinander eingehen und der Rest, wie zum Beispiel nie versiegende Liebe, Ehezufriedenheit und eine gemeinsame Konstruktion von Wirklichkeit, ein harmonischer Alltag und Leben sich automatisch ergibt.

Viele Filme lassen dies den Zuschauer glauben und präsentieren, in ihrer cineastischen Darstellung, das Leben des Paares (also die Paarbeziehung) so, als würde es nur aus Höhepunkten bzw. besonderen, spannenden und bewegenden Ereignissen bestehen. Sie unterschlagen aber, bis auf einige Ausnahmen, dass ein Paar in seiner Zweierbeziehung auch ein Alltagsleben hat und dort vieles paarintern geregelt und aufeinander abgestimmt bzw. ausgehandelt werden muss, damit eine Zweierbeziehung, für beide Partner erfüllend, funktionieren kann.

Medien zeichnen ein verzerrtes Bild

Durch die Allgegenwärtigkeit der Medien, ergibt sich dadurch in unserer Gesellschaft ein verzerrtes Bild von Zweierbeziehungen. Fromm (1998) hat bereits darauf hingewiesen, dass Menschen eine Partnerschaft möchten und versuchen, sich durch liebenswerte Attribute, begehrens- bzw. liebenswert zu machen. Jedoch gehört eben mehr bzw. viel mehr zu einer ernstgemeinten und erfüllenden Zweierbeziehung und Partnerschaft, als eben der drachentötende und strahlende Ritter und die mit ihrer Schönheit alles überstrahlende Prinzessin, die nur darauf wartet, dass sie von dem Richtigen aus ihrem Turm errettet wird.

Es benötigt Zeit, den richtigen Partner zu finden und wiederum Zeit und Mühe, ihn oder sie festhalten, sich auf ihn oder sie einzulassen, einzuspielen und zusammenzuwachsen, um dann ein glückliches Leben und eine gute und erfüllte Paarbeziehung zu führen.

Zeit ist ein rares Gut

In unserer immer leistungsorientierteren und schnelllebigen Gesellschaft ist aber eben Zeit ein sehr rares Gut. Viele unserer Handlungen sind auf absolute Effizienz ausgelegt. Egal ob es sich dabei um das Erwirtschaften von materiellen Gütern, dem schnellen Erfolg beim Erlernen von einer Sportart oder einem Musikinstrument handelt. Man muss heutzutage alles sehr schnell erledigen bzw. meistern, damit man auch schnell dafür von anderen für seine Effizienz gelobt werden kann und dadurch natürlich auch liebenswerter wird.

In einer solch schnelllebigen und konsumorientierten Gesellschaft wirkt eine Zweierbeziehung bzw. Paarbeziehung fast deplatziert bzw. inkompatibel. Sie verhält sich einfach nicht wie ein Ding bzw. ein Konsumgut. Eine Paarbeziehung kann eben nicht mal eben so konsumiert werden. Darüber hinaus benötigt sie auch noch Zeit und Mühe. Warum sollte man versuchen, sich in einer Zweierbeziehung anders zu verhalten, als in den vielen anderen und schnelllebigen Bereichen bzw. Aktivitäten in unserer Gesellschaft?

In den Medien bekommt man es auch nicht besser vorgemacht. Wie bereits erwähnt, zeigen Filme oft nur Höhepunkte bzw. besondere oder besonders romantische Ereignisse und keine Alltagssituationen. Man bekommt hier vorgegaukelt, das es reicht, wenn genügend dieser besonderen Höhepunkte aneinander gereiht werden und schon klappt es mit der glücklichen Zweierbeziehung und dem glücklichem Paar. Damit wären wir wieder bei „und sie lebten glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage“.

Bin ich selbst in der Lage etwas zu geben?

Bei all der Steigerung von Attributen, die einen liebenswerter machen sollen (die sehr oft  in den meisten Fällen aus rein egoistischer Motivation heraus entstehen, weil man, in Bezug auf eine Zweierbeziehung, hierbei nichts für jemand anderen, sondern nur etwas für sich selbst tut. Ich verschönere MEINEN Körper durch fünf Besuche im Fitnessstudio die Woche. Ich schaffe MIR immer mehr Statussymbole an und werde dadurch auch noch für andere interessant usw.) , sollte man sich vielleicht auch mal fragen: „Bin ich selbst in der Lage, etwas zu geben? Bin ich selbst in der Lage, Liebe zu geben bzw. jemand anderen zu lieben?“

Wenn man diese Frage ernsthaft und mit gutem Gewissen beantworten möchte, benötigt man  Zeit. Zeit, die unter anderem dafür benötigt wird, sich eben auch Zeit für den Partner bzw. den möglichen zukünftigen Beziehungspartner zu nehmen und diese Zeit in die Paarbeziehung zu investieren. Denn hier geht es plötzlich nicht mehr darum, was man alles in kürzester Zeit bekommt, sondern um das, was man bereit ist zu geben. Darüber hinaus ist es auch nicht gewiss, ob man hierbei überhaupt etwas zurückbekommt, ob die eigenen romantischen Gefühle von der anderen Person erwidert werden.

Ist Liebe Luxus?

Nach der Leistungsorientiertheit in unserer Gesellschaft kann ein solches Unterfangen, sich um eine Zweierbeziehung zu bemühen, nur als ineffizient bezeichnet werden. Man bemüht sich um etwas, in diesem Fall um jemanden und man bekommt einfach keine Garantie, dass man dafür auch etwas erhält. „Halten wir vielleicht nur das für der Mühe wert, womit wir Geld verdienen oder was unser Prestige erhöht, und ist die Liebe, die „nur“ unserer Seele nützt und die im modernen Sinne keinen Gewinn abwirft, ein Luxus, für den wir nicht viel Energie aufbringen dürfen“ (Fromm 1998: 18)?

Wenn die Antwort „Nein“ lautet, dann zum Abschluss ein Zitat von Willi: „Das Ersehen von Liebe ist die Voraussetzung des Versuchs, sie zu leben [und nicht zu versuchen sie zu konsumieren]“ (Willi 1991a: 27).

 

Euer Bob Hejra M.A.